St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 56
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Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 25-27.

Handschriftentitel: Evangelienharmonie des Tatian
Entstehungszeit: saec. IX erste Haelfte
Beschreibstoff: Pgm.
Umfang: 342 Seiten
Format: 2° (34 x 26 cm.)
Seiteneinrichtung: Zu 32 Zeilen, zweispaltig von Mehrern, auf starkem grauen Pergament.
Einband: Im ursprünglichen Einband, mit dem Rückentitel: Plenarium.
Hauptsprache: Althochdeutsch
Inhaltsangabe:
  • 1. S. 1-2>incipit praefatio Victoris episcopi Capuae.< Cum fortuito in manus meas
  • 2. S. 3-18 Canones X concordantiae evangeliorum (zwischen Säulenstellungen ohne Bogen, mit aufgesetztem Giebel). Gedruckt in Monum. Orthodoxogr. Basil. 1569. I. 2. p. 763 , in den Edd. des N. Testam. von J. Mill, in den Ausgg. des Tatian von Schmeller und von Ranke. Diese sogen. Canones Eusebii sollen ursprünglich von Ammonios, dem Verfasser der Evangelienharmonie herrühren. Vgl. Ersch und Gruber Encyclop. III, p. 377.
  • 3. S. 19-24 Elenchus 181 capitum (Im Cod. Fuldens. sind es 182, im Cassel. 184).
  • 4. S. 25-342 Quoniam quidem multiBi thiu wanta manage … (Lateinischer und althochdeutscher Text der Evangelienharmonie in 181 Kapiteln, ohne Ueber- und Unterschrift; das Lateinische in der Spalte links, das Deutsche gegenüber).
    Textgeschichte:
    • Einzige Hs. dieser altdeutschen Uebersetzung, ausser einer in Oxford befindlichen, von Junius angefertigten Kopie des verlornen Codex von B. Vulcanius, dem jedoch Kap. 76-153 fehlten. Herausgegeben nach der Oxforder Kopie von Palthenius in Greifswald 1706. 4° und von Schilter im Thesaurus II, p. 59; dann nach der St. Galler Hs. von J. A. Schmeller erst nur das Evang. Matthaei (Stuttg. 1827 106 SS. 8°) dann das Ganze Wien 1841 4°; und von Ed. Sievers mit Glossar (Bd. V. der Biblioth. d. ä. deutschen Litt. Denkm.) Paderborn 1872. 8°, dessen Collation v. J. 1869 auch schon in Müllenhoffs Altd. Sprachproben 2te Aufl. Berlin 1871 benutzt ist. Sievers unterscheidet sieben Schreiber des Codex und vermuthet mehrere successive Bearbeiter der deutschen Uebersetzung, deren Sprachform die hochfränkische (Fuldaer Mundart) ist. Die Lesart differirt nicht von der Oxforder.
    • Der lateinische Text wird von Victor von Capua (saec. VI) in seiner Vorrede zur ältesten Hs. dem Tatian (saec. II) zugeschrieben, der als Verfasser eines verlornen griech. Diatessaron bekannt ist; nach der Ansicht Neuerer rührt er von Ammonios (saec. III, verschieden von Ammonios Sakkas) her, der jedoch ebenfalls griechisch schrieb; vermuthlich ist es eine blosse Zusammenstellung aus der Vulgata. Abdrücke des lat. Texts in der Bibl. PP. max. Lugd. II, 2 p. 203 - nicht p. 265, wo eine andere Schrift unter d. N. Ammonius eingerückt ist - ; bei Ranke Cod. Fuldens. etc. Marburg 1868. 8° und in: Heliandstudien von Grein (Kassel, 1869. 8°) I, p. 125-262 aus einer Kasseler Hs.
Entstehung der Handschrift: Auf der Innenseite des vordern Einbanddeckels die Worte (saec. XIII): Hunc librum cum diligentia quaesitum diu et vix inventum resumite sancte pater Erneste in nom. dom. (Pater Ernestus erscheint als St. Gallischer Dekan noch im Jahr 1271). Neben einer ältern Erwähnung von Aeg. Tschudy (der 1532 Statthalter des Abts von St. Gallen war und die Stiftsbibliothek kennen lernte) in seiner schon um 1525 angefangenen, aber erst 1538 von Glarean hsgg. 'Rhetia' , gibt die erste Nachricht über den St. Galler Cod. Kolb an Breitinger in Simmler's Samml. von Urk. (Zürich 1758) II, p. 375; dann Gerbert im Iter Alem. (1765) p. 107 Ed. 2.
Bibliographie:
  • Cod. 56 ist in keinem alten St. Galler Katalog erwähnt; weder in dem des IX. Jh. noch in dem v. J. 1461.