Frauenfeld, Kantonsbibliothek Thurgau, Y 101
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Beschreibung von Marianne Luginbühl und Heinz Bothien, Kantonsbibliothek Thurgau, Frauenfeld, 2009.

Handschriftentitel: Chronik des Klosters Engelberg und des Frauenklosters St. Andreas
Entstehungszeit: nach 1631
Frühere Signatur: M 41v
Beschreibstoff: Papier
Umfang: 24 Bll.
Format: 320 x 205 mm
Seiteneinrichtung: 255 x 155 mm, einspaltig, 43-48 Zeilen
Einband: Papier über Pappe, blaugrün gesprenkelt, 19. Jh.
Inhaltsangabe:
  • Heinrich Murer: Geschichte des Klosters Engelberg und des Frauenklosters St. Andreas
    • (Bl. 1r) Der angegebene Titel: Stifftung, Auff vnd zunämmen Vnser Lieben frauwen Gottshaus zu Engelberg in Vnder-Walden: Auch was sich beÿ eines in den Abts Regierung zeÿten zu getragen, vnd in gluck vnd vngluck verloffen. Es Name Seinen Anfang im MC.XIX. iahre.
      Darunter:
      Blaukolorierte Federzeichnung mit den Erzengeln Michael und Gabriel, dazwischen das Wappen des Klosters Engelberg mit der Abtsmitra und dem Abtsstab. Der Erzengel Michael trägt in der rechten Hand das Flammenschwert, mit dem er Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat. Die Waage in seiner Linken deutet darauf hin, dass er beim Jüngsten Gericht die Seelen der Verstorbenen wiegt. Gabriel ist als Jüngling dargestellt und hält in seiner linken Hand eine Lilie, Symbol der Jungfräulichkeit, die daran erinnert, dass er der Jungfrau Maria die Geburt eines Sohnes angekündigt hat. Zwischen den Köpfen der beiden Erzengel schweben geflügelte Engelsköpfchen. Die lateinische Bildunterschrift „Angeli & Archangeli in caelis, semper vident faciem benedicti Patris mei“ ist ein leicht abgeändertes Zitat aus Mt 18,10 und lautet übersetzt: „Die Engel und Erzengel in den Himmeln schauen allezeit das Angesicht meines gepriesenen Vaters.“ Murer gibt als Bibelstelle Mt 15 an.
    • (Bl. 1v) Geographische Beschreibung Ob- und Unterwaldens und Geschichte ihrer Besiedelung.
    • (Bl. 2r-3r) Geographische Lage des späteren Klosters Engelberg und seine Gründung durch den Freiherrn Konrad von Sellenbüren im Jahre 1119.
    • (Bl. 3r-18r) Geschichte des Klosters Engelberg von Abt Adelhelm (1124/26-1131) bis Abt Plazidus Knüttel (1630-1658).
    • (Bl. 19r) Blaukolorierte Federzeichnung mit dem Abtsstab von Engelberg und dem Wappen des Frauenklosters St. Andreas, das mit dem Männerkloster Engelberg zu einem Doppelkloster verbunden war. Daneben heraldisch rechts der heilige Andreas mit seinen Attributen, einem Buch und dem schrägen Balken- oder Gabelkreuz, das auch Andreaskreuz genannt wird. Der Überlieferung nach soll Andreas an einem solchen Kreuz am 30.11.60 n. Chr. den Märtyrertod erlitten haben. Heraldisch links der heilige Benedikt mit dem Abtsstab und seinem Attribut, dem Kelch. Die Legende erzählt, dass seine Feinde versuchten, ihn mit einem vergifteten Trank zu ermorden. Aber Benedikt schlug das Kreuzeszeichen über dem Kelch, und das Gift entwich in Form einer Schlange daraus. Das Blatt blieb unvollendet: Oberhalb der Federzeichnung fehlt der Titel des Werkes mit den Namen der Heiligen und unterhalb des Bildes das dazu passende Bibelzitat.
    • (Bl. 19v) Stiftung und Gründung des Klosters St. Andreas durch den Leutpriester Heinrich von Buochs im Jahre 1199.
    • (Bl. 20r) Weihe von Kapelle und Kloster durch Bischof Eberhard von Konstanz im Jahre 1254. Die Schwestern nehmen die Regel des heiligen Benedikt an.
    • (Bl. 20r-21v) Geschichte des Klosters St. Andreas von 1254-1455.
  • Bemerkungen zu Autor und Werk:
    Heinrich Murer erwähnt auf 1v als seine historische Quelle „alte helvetische Chroniken“, ohne diese Angabe zu präzisieren. Weiter unten nennt er als seine Gewährsleute „Glareanus und Guillimannus“.
    Glareanus ist der Humanistenname für den bedeutenden Musikkenner und Geographen Heinrich Loriti (1488-1563), der, wie sein Zuname besagt, aus dem Kanton Glarus stammte. Er hat drei verschiedene geographische Werke verfasst, unter denen als Vorlage für Murer am ehesten seine Schrift „Helvetiae descriptio et in laudatissimum Helvetiorum foedus Panegyricum“ gedient haben mag. Sie erschien 1515 in erster Auflage in Basel. Der freiburgische Geschichtsschreiber François Guilliman veröffentlichte 1598 eine Geschichte der Schweiz aus katholischer Sicht, die den Titel „De rebus Helvetiorum sive antiquitatum libri V“ trug. Er war auch an der Herausgabe der Chronik des Klosters Einsiedeln beteiligt. Diese wurde vom Einsiedler Konventualen und Stiftsbibliothekar Christoph Hartmann verfasst. Sie erschien 1612 unter dem Titel „Annales Heremi Deiparae Matris Monasterii in Helvetia “ in Freiburg im Breisgau.
Provenienz der Handschrift: Die Handschrift Heinrich Murers mit der Chronik des Klosters Engelberg ist wie die anderen Chroniken, die für das „Theatrum Ecclesiasticum Helvetiorum“ vorgesehen waren, in der Kartause Ittingen entstanden. Vermutlich ist sie erst nach Aufhebung der thurgauischen Klöster im Jahre 1848ff. in die Kantonsbibliothek Thurgau gelangt, wo sie wahrscheinlich auch gebunden wurde und die alte Signatur M 41v erhielt
Bibliographie:
  • Geiger, Ludwig: Henricus Glareanus, in: ADB 9 (1879), S. 210-213.
  • Meyer von Knonau, Gerold: Heinrich Murer, in: ADB 23 (1886), S. 60.
  • Meier, Gabriel: Der Karthäuser Heinrich Murer und seine Schriften / Gabriel Meier. Stans 1900 (SA: Der Geschichtsfreund ; Bd. 55, S. 3-38).
  • Kälin, Johann: Franz Guillimann, ein Freiburger Historiker von der Wende des XVI. Jahrhunderts / von Johann Kälin, in: Freiburger Geschichtsblätter / hrsg. vom deutschen geschichtsforschenden Verein des Kantons Freiburg ; 11. Jg. (1905), S. 1-210.
  • Büchler-Mattmann, Helene: Artikel „Engelberg“ / von Helene Büchler-Mattmann und Gall Heer, in: Die Orden mit Benediktinerregel: Frühe Klöster, die Benediktiner und Benediktinerinnen in der Schweiz. Bern 1986 (Helvetia Sacra, Abt. III, Bd. 1, Teil 1, S. 595-657).
  • Heer, Gall: Artikel „Engelberg-Sarnen“ / von Gall Heer, in: Die Orden mit Benediktinerregel: Frühe Klöster, die Benediktiner und Benediktinerinnen in der Schweiz. Bern 1986 (Helvetia Sacra, Abt. III, Bd. 1, Teil 3, S. 1733-1759).