Für diese Handschrift sind folgende Beschreibungen vorhanden

  • Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 311-313, Nr. 17.
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  • Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 5.
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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 14
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Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 311-313, Nr. 17.

Handschriftentitel: Bibel (Iob, Tb, Idt, Est, I-II Esr)
Entstehungsort: St. Gallen
Entstehungszeiten:
  • 1. Drittel d. 9. Jh.
  • letztes Viertel d. 9. Jh.
Katalognummer: 17
Umfang: 340 pp.
Format: 31,5 x 20,5 cm
Lagenstruktur: Zumeist Quaternionen: 16 (p. 1-12), 28 (p. 13-28), 38 (p. 29-44) usw.
Seiteneinrichtung: Schriftspiegel 22 x 17,5 cm, einspaltig zu 23 Zeilen.
Schrift und Hände: karolingische Minuskel mit geschlossenen a u. etwas offenem g sowie alemannische Minuskel mit offenen a u. offenen g, von zwei Schreibern.
Buchschmuck:

Titelseite in Hohlcapitalis, feine braune Federzeichnung, gefüllt mit Minium u. Grün, pergamentaussparend, Initiale ebenso. Inc. u. Expl. in Capitalis u. Rustica mit Minium u. Grün, manchmal (etwa p. 97) mit Zeilenfüllseln. Zu den Anfängen der Bücher Tb usw. Initialen in Federzeichnung mit Minium, partiell mit Minium u. Grün gefüllt.

Inhaltsangabe:
Inhalt u. Schmuck:
  • p. 1-97 Iob mit Prol.
    • (p. 1) Titel in Hohlcapitalis: Incipit praefatio sci. Hieronimi in Iob,

      C(ogor per singulos), den Bogen bildet ein Fisch mit ovalem Kopf, Enden vegetabil

  • p. 98-136 Tb mit Prol.

    p. 98 C(hromatio et Heliodoro)

  • p. 137-187 Idt mit Prol.

    p. 138 A(rfaxat), Hohlmajuskel mit Minium u. Grün

  • p. 188-240 Est mit Prol.

    p. 190 I(n diebus), Hohlmajuskel mit Minum und Gelb

  • p. 241-303 I Esr
    • (p. 241) Titel in Capitalis, wortweise abwechselnd in Minium u. Grün,

      U(trum dificilius), wie p. 138

    • (p. 245) Incipit textus eiusdem.

      I(n anno primo), Hohlmajuskel in Minium, im Schaft Füllung mit Grün u. Minium, pergamentaussparend, oben links kleiner Kreiswulst mit grünem Mittelpunkt, unten Lanzettblatt an Faden

  • p. 304-331 oben II Esr
    • (p. 304) Hic liber incipit (später hinzugefügt secundus)
  • p. 331 Subskription von Notker Balbulus (um 840-912): Ego Notkerus indignus coenobita sci. Galli cum adhuc adolescentulus in quondam antiquissimo Augiensium libro subiecta enigmata legissem, quasi pro ludo vel nihili ea computavi. Sed cum tempore procedenti libros sci. Augustini legere coepissem, et precipue illos de civitate dei, et invenirem in qua auctoritate eadem ipse recepisset nefas putavi, si illa bibliothecae sci. Galli cui Dei gratia multa accumulavi, scribere negligendo defudaverim. Cum etiam prius epistolam Jeremie et librum Baruch a peritissimo Ieronimo despectum, sed a ceteris ecclesiasticis usitatum, in fine eiusdem prophete conscribi fecerim
  • p. 332 Z. 1-13 Augustinus, De civitate Dei XVIII, 36
  • p. 332 Z. 14-23 III Esr, 3-4, Enigmata trium puerorum
  • p. 339-340 leer, Federproben.
Entstehung der Handschrift:
  • Die Hs. gehört zu einer Reihe von in der Größe u. Einrichtung nicht genormten Bibelbänden, die Fischer als mehrheitlich von Wolfcoz geschriebenes erstes Bibelcorpus der Abtei St. Gallen sieht, entstanden unter Abt Gotzbert (816-837). Auf der Grundlage von Wartmanns Urkundenbuch unterschied schon Merton (S. 20) drei Persönlichkeiten mit dem gleichen Namen Wolfcoz, wobei er den Diakon Wolfcoz (817-822) mit dem in Sang. 20 (Nr. 33), p. 327, genannten Schreiber dieses Namens identifizierte. Diese in der Forschung zumeist (allerdings ohne paläographischen Nachweis) geduldete Konjunktion kann von Scarpatetti paläographisch nicht nachvollziehen, duldet sie aber zu Gunsten der Tradition. Zuletzt unterschied Schaab aufgrund der Zuweisung der von Wolfcoz geschriebenen Urkunden zwei Träger dieses Namens: A) Wolfcoz I., eingetreten um 813, zuletzt erwähnt 828. Die wichtigsten von ihm geschriebenen Urkunden sind W 228 (817 XI 17, Diakon), 238 (818 X 24, Diakon), W 242 (? 819 IV 18), 244 (819 VI 16, Diakon), W 249 (? 820 IV 16), W 252 (820 V 15), W 269 (821 IV 24, Diakon), W 271 (? 821 X 1. - von Scarpatetti 1995, Abb. 8), zuletzt als Zeuge W 333 (828 V 29) (Subsidia Sangallensia I, S. 371-385); B) Wolfcoz II: Diakon um 840, Außenpropst für den Norden seit 861, Dekan ? 878, † vor 895. Die wichtigsten von ihm geschriebenen Urkunden sind W 273 (? 822 II 19. - von Scarpatetti 1995, Abb. 9), W 274 (? 822 IV 4, Diakon), W 383 (840/1, V 13), W 426 (854 II 16), W 445 (848/49/55/56 Samstag), W 493 (854 IX 4), W 494 (? 863 IX 30), W 524 (? 867 III 1, Monachus). (Subsidia Sangallensia I, S. 377-415). Schaab (S. 68 Anm. 130, 78 Anm. 261) zieht offenbar beide Persönlichkeiten als Stifter oder Schreiber von Sang. 20 (Nr. 33) in Erwägung. Für den Stilvergleich mit den hier vorgestellten, von der Forschung mit Wolfcoz verbundenen Handschriften kommt wohl nur W 273 in Frage (von Scarpatetti 1995, Abb. 9: „Wolfcoz, frühkarolingische Schrift, einziges Exemplar in diesem Stil“).
  • Schon Chroust sah, dass die Hs. nicht in einem einheitlichen Stil geschrieben ist, sondern zwei Schriftstile enthält (A p. 1-31; B p. 32-331), die er zwei Personen zuteilte: A schreibt eine mehr karolingische, B eine alemannische Minuskel (die sog. Wolfcoz-Minuskel). Bruckner zog diese Schriftstile in eine Person, nämlich Wolfcoz, zusammen u. von Scarpatetti folgte ihm. Der Schreiber hätte das Buch also mit einer modernen Schriftart begonnen u. es mit der altertümlicheren fortgesetzt, was unwahrscheinlich ist.
  • Tatsächlich schrieb die «mehr karolingische» Hand A (Chroust) auch andere Partien als nur p. 1-31 in dieser Handschrift, wie p. 245 deutlich zeigt. Dort handhabt der Schreiber auch die feste karolingische Capitalis im Titel, der die Initiale in Minium u. Grün stilistisch angeglichen ist. Die die alemannische Minuskel schreibende Haupthand - vielleicht Wolfcoz - bedingte sich aber offenbar aus, auf der ersten Seite den Titel zu verzieren.
  • Einmalig ist die Subskription auf p. 331 von Notker Balbulus (um 840-912), in der er erzählt, dass er in einer alten Reichenauer Hs. am Schluss des Buches Nehemia die Enigmata trium puerorum (vgl. zuletzt Duft, Abtei St. Gallen II, S. 131f.) entdeckt, diese später in der Civitas Dei des Augustinus wiedergefunden u. sie nun in dieser Hs. habe nachtragen lassen. Sie ist ein Zeugnis für die Tätigkeit Notkers als Bibliothekar in den Jahren 880-890 (vgl. Sang. 250 - Nr. 120). In jene Zeit gehören auch die Ergänzungen auf p. 332-338 von der Hand eines Schreibers aus dem Umkreis Notkers. Vgl. Nr. 18-20, 33.
Bibliographie:
  • Scherrer, S. 5.
  • Chroust, I. Abt., II. Bd., Liefg. XV, Taf. 5.
  • Bruckner II, S. 27, 43, 55, Taf. XXXIV.
  • Daniel, Freising, S. 25.
  • Fischer, Lateinische Bibelhandschriften, S. 182f.
  • Rankin, in: Revue Bénédictine, 1991, S. 268-270, passim, Taf. 1.
  • CMD-CH III, Nr. 827, Abb. 732 a.
  • Duft, Abtei St. Gallen II, S. 131f., 295f., Abb. 27.
  • von Scarpatetti, in: Festschrift Duft 1995, S. 40.
  • Schaab, in: Kloster St. Gallen, S. 123, Anm. 20.
  • Schaab, Mönch in St. Gallen, S. 53, 68 Nr. 130, 78 Nr. 261.
  • Berschin , Eremus und Insula (2005) S. 81-82.
  • Walter Berschin, Notker I. von St. Gallen († 912) überlieferungsgeschichtlich gesehen, in: Berschin, Mittellateinische Studien, S. 193-202, bes. 199-202.